PRIVATSCHULSKANDAL IN RHEINLAND-PFALZ
Amtspflichtverletzungen gerichtlich festgestellt

Auch der Ltd. Regierungsdirektor Wanner hätte die Lawine aufhalten können. Da er die Beschäftigungsgenehmigungen zu erteilen hatte, war ihm bekannt, dass ca. 15 Lehrerstellen unbesetzt blieben. Es wäre die Pflicht von Wanner gewesen, seine Kenntnisse behördenintern weiterzugeben, was unverständlicher Weise nicht geschah. Hinzu kam, dass die fatalen „Erkenntnisse“ der Sachbearbeiterin ganz offensichtlich weder durch ihren Vorgesetzten Regierungsdirektor Torkewitz, noch durch das übergeordnete Kultusministerium überprüft wurden.


Baumgärtner wurde im August 1994 ins Kultusministerium nach Mainz geladen. Der Staatssekretär Dr. Hofmann-Göttig eröffnete ihm in Anwesenheit von hochrangigen Beamten, dass der Lehrereinsatz am NTL in unerlaubter Weise vorgenommen wurde, und dass die Schule an die Mitarbeiter zu verkaufen und die Schulleitung zum 30.09.94 niederzulegen sei. Unter Androhung einer (unberechtigten) Rückforderung von staatlichen Mitteln in der Größenordnung von 1,7 Millionen DM sowie der Androhung des Entzugs der staatlichen Anerkennung mit einer damit verbundenen Streichung der öffentlichen Zuschüsse wurde Baumgärtner in die Enge getrieben. Sollte er jedoch keine Schwierigkeiten machen und die Schule an seine Mitarbeiter verkaufen, so ließ der Staatssekretär verlauten, wäre die Landesregierung bereit, auf die Rückforderung zu verzichten. Zu einem späteren Zeitpunkt widerrief das KM diese schriftliche Zusage in mehreren Punkten bzw. ergänzte sie einengend, ohne von der vermeintlichen Rückforderung in Höhe von (zwischenzeitlich) 1,2 Millionen DM Abstand zu nehmen. Schlimmer noch, das Ministerium blieb mit den Zuschüssen bis einschließlich Sommersemester 1994 hinter seinen Verpflichtungen zurück, obwohl gemäß Privatschulgesetz Anspruch auf Finanzhilfe in Form von Durchschnittsvergütungen für die genehmigten Lehrkräfte bestand. Der Hintergedanke bei diesem gesetzwidrigen Ausbluten bestand darin, Baumgärtner endgültig zum Verkauf seiner Schule an seine Mitarbeiter zu zwingen oder ihn in Konkurs zu treiben, wie es ein Ministerialbeamter fatalerweise zum Ausdruck brachte. Der Konkurs konnte unter diesen Umständen nur durch Veräußerung von privatem Eigentum der Eheleute Baumgärtner verhindert werden.

Eine schwerwiegende Schikane des Kultusministeriums bestand u.a. darin, dass den Aktivisten ein Vetorecht bei der Auswahl von potentiellen Käufern eingeräumt wurde, ungeachtet dessen, dass diese sich die Schule selbst aneignen wollten. Das Ministerium, unter Federführung von Hofmann-Göttig, trug somit dazu bei, dass der Verkauf der Schule letztlich nur an die Aktivisten der Belegschaft, und zwar weit unter Wert, möglich war, was die ganze Angelegenheit in die Nähe einer Enteignung rückte. Bei den erzwungenen Verhandlungen setzte Hofmann-Göttig als Verhandlungsführer der Belegschaft (!) diktatorisch den Kaufpreis fest, der unter 30 % des erstellten Gutachtens lag. Für den in Privatbesitz befindlichen Hörsaalpavillon ließ er einen Kaufpreis zu, der um 50 % geringer war als der gutachterliche Wert. Er nahm dabei in Kauf, auch den hälftigen Privatanteil von Frau Baumgärtner geradewegs zu verschleudern. „Der gebotene Kaufpreis ist endgültig mein letztes Wort“, so der Staatssekretär wörtlich. Ohne die Schulgebäude mit ihren 23 Laboratorien nebst hochwertigen Ausstattungen, 8 Hörsälen und 22 Büroräumen jemals von innen gesehen zu haben, ohne die geringsten Sachkenntnisse und ohne Auftrag maß sich der Staatssekretär an, den Kaufpreis zu diktieren! Die Art der Verhandlungen erinnerte schmerzlich an Mafiamethoden, was sich auch daran zeigte, dass bei der Einweihungsfeier der neuen Schulbesitzer Hofmann-Göttig aus dem Gangsterroman „Der Pate“ von Mario Puzo zitierte: „Ich habe ihm (Baumgärtner) ein Angebot gemacht, das er nicht ausschlagen konnte“.


Welchen Grund hatte die frühere Landesregierung von Rheinland-Pfalz gesehen, in totalitärer Weise massiv in die Rechte einer Privatschule einzugreifen und ein Genossenschaftsmodell zu erzwingen? Ist es die offenbar innerlich nicht verarbeitete Privatschulfreiheit, die Schulen in freier Trägerschaft auf Grund von Artikel 7 Grundgesetz von staatlichen Schulen abgrenzt? Die Landesregierung muss sich sagen lassen, dass die Verwirklichung der Freiheit die Selbstbeschränkung des Staates erfordert und der eigenverantwortlichen Lebensgestaltung der einzelnen Bürger nach dem Prinzip der Subsidiarität bedarf. Der Staatsbürger darf weder in die Rolle der bürokratischen Bevormundung gedrängt, noch zum bloßen Empfänger staatlicher Leistungen erniedrigt werden.